Rasiermesser schärfen – Mein Weg zum scharfen Rasiermesser

Ein Rasiermesser schärfen lernen ist „EN VOGUE“, denn immer mehr Männer gehen dazu über, sich mit einem traditionellen Rasiermesser den Bart  zu rasieren. Die meisten Anfänger tun dies aber nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt: und zwar genau bis zu dem Augenblick, an dem das neue Rasiermesser stumpf geworden ist. Warum?

Mit dem stumpfen Rasiermesser schneidet sich der Rasierneuling in den Bart. Danach ist meistens Schluss mit der traditionellen Rasur, weil manche Anfänger nicht wissen, wann man Rasiermesser schärfen sollte und wie das Schärfen richtig funktioniert. Mit dem Wissen im Hinterkopf, dass Rasiermesser „besonders scharf“ sein sollten, trauen sich dann viele nicht ans Schärfen von Rasiermessern heran. Genau deshalb habe ich dieses Tutorial geschrieben. Wenn du schon mal ein Messer auf einem Wasserstein geschliffen hast, wirst du auch dein Rasiermesser richtig scharf bekommen!

Also, jetzt erst recht, denn es ist nicht schwer und es macht ungeheuren Spaß. Ich verrate dir natürlich auch, welches Equipment du brauchst und wo du es am preisgünstigsten erwerben kannst. Kein Geheimnis wird zurückgehalten, versprochen.

Rasiermesser schärfen – Eine Anleitung für jeden Anfänger

Was lernst Du hier?

In dieser Anleitung zeige ich Dir mit Videos, Bildern und viel Text, meinen Weg zum scharfen Rasiermesser. Dabei können japanische Wassersteine, deutsche Abziehsteine, traditionelle gelbe belgische Brocken oder japanische Natursteine in verschiedenen Varianten und Körnungen zum Einsatz kommen.

Auch der gute alte Streichriemen wird hier vorgestellt. Er erfährt in Verbindung mit dem traditionellen Rasiermesser gegenwärtig sein Comeback und ersetzt mit der richtigen Streichriemenpaste so manchen teuren Naturschärfstein. Und noch was … falls du dir beim Rasiermesser schärfen mal in den Finger schneiden solltest, dann gibt es auch dafür eine Lösung: Du greifst einfach zum Alaunstift.

Wann sollte man ein Rasiermesser schärfen?

Wenn es stumpf ist! Nein, Scherz beiseite. Ein Rasiermesser muss nur ganz selten auf einem Wasserstein geschliffen werden. Ein tägliches Abziehen auf dem Streichriemen ist aber sehr wohl angebracht. Es gibt Profis, die sprechen davon, dass sie mit ihrem Messer über 1000 Rasuren schaffen, andere müssen schon nach 50 oder 100 Rasuren auf einem Schleistein nachschärfen.

Für mich gilt folgende Regel: Wenn ich das Rasiermesser auf dem Streichriemen abziehe, (das mache ich vor jeder Rasur) und es zippt recht ordentlich beim Rasieren, dann holt der Streichriemen die Schärfe nicht mehr zurück. Ich schleife das Rasiermesser dann auf einem Wasserstein nach.

Welche Möglichkeiten zum Schärfen von Rasiermessern gibt es?

Ich möchte Dir zwei verschiedene Wege aufzeigen, wie du dein Rasiermesser richtig schön scharf bekommst:

1.      Mit synthetischen Wassersteinen und einem Streichriemen mit Streichriemenpaste

2.      Mit synthetischen Wassersteinen, natürlichen Wassersteinen (auch Natursteine genannt) und optional mit Streichriemen ohne Streichriemenpaste.

Es gibt sicher noch mehrere Wege, wie du ein tolles Schleifergebnis und Erlebnis für dein Rasiermesser erhältst, ich möchte mich aber in diesem Artikel auf die zwei oben genannten Möglichkeiten beschränken. Abschließend werde ich auch die Vorteile und die Nachteile der beiden Methoden herausstellen. Ich beginne mit dem Tutorial zunächst mit der 1. von mir beschriebenen Methode, also mit synthetischen Wassersteinen und einem Abziehriemen mit Polierpaste.

Welche Schleifsteine und welches Werkzeug sind erforderlich?

Ich gehe zunächst einmal davon aus, dass dein Rasiermesser nur stumpf, aber frei von groben Scharten und Ausbrüchen ist. Wenn dem so ist, benötigst Du für Methode 1 die nachfolgenden Utensilien:

  • Kombi-Schleifstein mit den Körnungen 1000/3000~4000 (nach JIS) oder zwei separate Schleifsteine mit adäquaten Körnungen.
  • Ein wasserfester Filzschreiber (Edding) Wichtig!
  • Einen Schleifsteinhalter oder eine rutschfeste Unterlage.
  • Streichriemen mit feiner Chromoxid Streichriemenpaste.
  • Zahnstocher.
  • Kunststofflineal.
  • Optional ein 300er Wasserstein zum Ausschleifen von Scharten und Ausbrüchen.
  • Optional eine Lupe oder ein Taschenmikroskop.
  • Optional ein japanischer Naturstein fürs Finish, z. B. ein Awasedo Ohzuku
Streichriemen, Rasiermesser, Schleifsteinhalter, Streichriemenpaste

Zubehör zum Schleifen und Abziehen eines Rasiermessers. (Guter Abziehstein, Streichriemen und Streichriemenpaste)

Falls du Schleifanfänger bist und dein Rasiermesser grobe Scharten und Ausbrüche aufweist, solltest du es tunlichst vermeiden, diese Scharten mit dem 1000er Wasserstein auszuschleifen. Erstens dauert es viel zu lange und zweitens sind die 1000 er Wassersteine viel zu teuer für diese Art von Arbeiten.

Ideal dafür geeignet ist ein 300er bis 500er Wasserstein. Zu dem Thema » Ausbrüche ausschleifen « werde ich vielleicht noch einen separaten Artikel schreiben und eventuell noch ein Video dazu drehen.

Hinweis: Wenn du Restaurationsarbeiten am Rasiermesser durchführen möchtest, erledige dies bitte vor dem Messer schärfen. Dass kann zum Beispiel notwendig werden, wenn Rostflecken entstanden sind, oder die Schalen poliert werden müssen.

Mit welcher Schleifstein-Körnung beginnen?

Ich behaupte immer wieder Folgendes:

„Die meisten Schleif-Anfänger bekommen ihre Messer nicht scharf, weil sie mit zu feinkörnigen Abziehsteinen zu schleifen beginnen“

Und dieser Satz gilt für alle Arten von Messern, nicht nur für Rasiermesser!

Wenn Du ein schartiges Rasiermesser schärfen möchtest, kannst du das bestimmt mit einem gelben belgischen Brocken hinbekommen. Vorher hast du aber Blasen an den Fingern und die Lust am Schärfen schon verloren, bevor das Rasiermesser scharf ist.

Für ein Rasiermesser, welches nur stumpf geworden ist, aber keine Ausbrüche oder andere Beschädigungen aufweist, bedeutet dass: Du beginnst das Schleifprozedere mit einem Schleifstein der ungefähr eine 1000er Körnung hat. Wenn ich hier von verschiedenen Körnungen spreche, gehe ich immer von Körnungen der japanischen Norm aus, weil diese für Schleifprofis, wie für Schleifanfänger sehr geläufig sind. Wenn du die Korngrößen von JIS (japanische Norm) nach FEPA (europäische Norm) umrechnen möchtest, kannst du dir diese Tabelle ansehen: FEPA versus JIS Körnung – Korngrößentabelle für den Vergleich von Schleifmitteln

Einen kleinen FEPA / JIS Vergleich stelle ich hier schon mal rein:

  • FEPA Körnung F320 entspricht ca. der JIS-Körnung 600.
  • FEPA F400 entspricht in etwa JIS 1000.
  • FEPA F1000 entspricht ungefähr der JIS-Körnung 3000.

Auswahl der Schleifsteine

Im letzten Absatz habe ich dir schon vorgeschlagen, mit einem 1000er Wasserstein zu beginnen, wenn das Messer keine Ausbrüche erkennen lässt. Aber es gibt so viele Abziehsteine mit 1000er Körnung, welcher ist denn nun der richtige Stein?

Im Prinzip ist es egal, mit welchem 1000er Stein du arbeitest. Es gibt gute synthetische japanische Wassersteine und gute synthetische europäische Wassersteine. Vor einigen Jahren habe ich die Japaner ganz klar bevorzugt, heute sehe ich das etwas anders. Die europäischen Wassersteine haben in puncto Qualität inzwischen sehr gut aufgeholt. Besonders, was das Preis-Leistungsverhältnis angeht. Es ist aber immer noch eine Sache des persönlichen Handlings, mit welchem Schleifstein, du am besten zurechtkommst. Viele japanische Wassersteine sind sehr weich gebunden, da schneidet der Anfänger schon mal schnell in den Stein hinein. Es muss auch nicht zwingend genau der 1000er Wasserstein sein, das ist nur ein Anhaltspunkt. Variationen der Körnung von 800 bis 1200 sind für den Grobschliff (Facette anbringen) des Rasiermessers willkommen.

Inzwischen benutze ich gerne die grobe Seite (1000er) des Zische Duo Wassersteines, für den ersten Schritt beim Rasiermesser schärfen. Diese feinen Abziehsteine von Zische gibt es in verschiedenen Körnungen. Sie werden in Deutschland produziert, sind sehr hart gebunden und verschleißen daher kaum. Das hat natürlich den großen Vorteil, dass man sie nur sehr selten abrichten muss. Aber auch den 1000/3000er King-Kombistein verwende ich noch hin und wieder und nicht zu vergessen, den Shapton 1500 M24. Letztgenannter ist jedoch kaum noch zu beschaffen und deshalb extrem teuer geworden.

Schlussendlich würde ich dem Schleifanfänger für Schritt 1 zum 1000er Zische-Duo raten. Der ist relativ preiswert, sehr lange haltbar und man muss ihn nur ganz selten abrichten.

Die Wassersteine müssen absolut plan sein

Falls Du noch einen alten 1000er Wasserstein vom Küchenmesser schleifen übrig hast, kannst du ihn selbstverständlich benutzen. ABER: Bitte gib acht, dass du ihn absolut plan abrichtest, bevor du damit Rasiermesser schärfst! Wenn der Abziehstein nicht 100%ig plan ist, schleifst du dein Rasiermesser ungenau, beziehungsweise an bestimmten Stellen gar nicht. Je nach tiefe der Delle im Stein wird dein Rasiermesser niemals scharf.

Schritt für Schritt zum scharfen Rasiermesser

Rasiermesser schleife ich immer (ich kenne auch keine Ausnahme) auf Wassersteinen, niemals auf rotierenden Maschinen. Für den Begriff »Wasserstein« gibt es verschiedene Synonyme:

  • Abziehstein
  • Schleifstein
  • Japanischer Wassersteine
  • Synthetische Wassersteine

In den meisten Fällen bedeuten sie aber alle das Gleiche. Vermutlich gibt es noch viel mehr dieser verwandten Wörter, aber belassen wir es dabei.

Schritt 1: Abziehsteine wässern

Das Wort Wasserstein sagt eigentlich schon alles. Bevor du den Abziehstein benutzt, muss er unbedingt gewässert werden. Manche Steine müssen nur mit Wasser benetzt werden, manche musst du bis zu 10 Minuten ins Wasser legen, bevor du sie benutzen kannst. Meist liegt dem Wasserstein eine kleine Anleitung bei, worin beschrieben steht, wie du vorgehen solltest.

Während des Schleifens kannst Du den Abziehstein immer wieder mit Wasser benetzen, damit er nicht austrocknet. Ich nutze einen rutschfesten Schleifsteinhalter, der aussieht, wie eine kleine Wanne. Das Wasser kann nicht hinauslaufen, der Stein bleibt immer schön nass. Das ist besonders praktisch für die groben Schleifsteine, denn dort läuft das Wasser sonst recht schnell hindurch und der Stein trocknet schnell aus.

Schritt 2: Rasiermesser abkleben

In der Zeit, in der dein Wasserstein sich mit Wasser vollsaugt, kannst du schon mal dein Rasiermesser abkleben. Dass macht man deshalb, damit beim Schleifen kein Material vom Rücken des Rasiermessers abgetragen wird. Ein weiterer Grund ist der, dass man damit Beschädigungen und Kratzer beim Schleifen vermeiden kann.

Man kann darüber denken, wie man will, einige würden ihr Rasiermesser niemals ohne Klebeband auf den Schleistein legen, anderen ist es wiederum egal. Ich persönlich klebe meine Rasiermesser beim Schärfen nicht ab. Der Abtrag ist so gering, dass man es vermutlich erst nach Jahren merken würde. Jeder so, wie er mag, nur Eines sei gesagt: Wenn Du Klebestreifen auf den Rücken des Rasiermessers aufbringst, solltest du diese auch auf dem Messer belassen, wenn du auf den ganz feinen Steinen den Grat reduzierst. Wenn du das nicht machst, stimmt der Winkel am Ende nicht mehr. Im Prinzip schleifst du dann einen zweite Schneide an. Und genau da, wo du es nicht haben möchtest.

Schritt 3: Auswahl des richtigen Wassersteins

Auf welchem Wasserstein schleifen wir unser Rasiermesser jetzt, das ist die große Frage? Zunächst solltest du die Schneide beurteilen. Falls Ausbrüche oder Macken in der Schneide sind, musst du zunächst mit einem groben Stein (J300~J700) vorarbeiten. Soll heißen: die Kerben müssen zuerst komplett rausgeschliffen werden! Dafür kann ich Dir die grobe Seite des Zische DUO (J700) oder den Naniwa Superstone 400 empfehlen. Ein 1000er Stein wäre schon viel zu fein, um Kerben auszuschleifen.

Du solltest besonders bei einem gebrauchten Rasiermesser darauf achten, ob die Schneide hohl geworden ist. Das siehst du, wenn du ein Kunststofflineal über die Schneide legst und versuchst, einen Zahnstocher in der Mitte zwischen Klinge und Lineal hindurchzuschieben. Ragt der Zahnstocher mehr als einen halben Millimeter hindurch, geht es ebenfalls erst mal auf einem gröberen Wasserstein los. Ein Profi braucht dafür kein Lineal, er erkennt das natürlich mit dem bloßen Auge. ;).
Wer sein Rasiermesser kennt und es schon länger besitzt, der weiß genau, wann er mit welchem Stein zu schleifen beginnt. Für den Anfänger ist dass noch lange nicht klar, aber das Gefühl dafür ist auch recht schwer zu vermitteln. Wenn du nach Wochen des Abziehens auf dem Streichriemen bemerkst, dass es nicht mehr auf die ursprüngliche Schärfe zurückzubringen ist, kannst du auf dem 3000er Abziehstein beginnen. Wenn du ein Rasiermesser erworben hast, welches du noch nicht kennst, würde ich erst mal mit einem 1000er Wasserstein beginnen und eine ordentliche Facette aufsetzen. Besonders bei gebrauchten Messern beginne ich Grundsätzlich auf dem 1000er Wasserstein. Natürlich immer vorausgesetzt, dass keine Beschädigungen vorhanden sind.

 

Schritt4: Facette aufsetzen mit einem 1000er Wasserstein

Die Schneide bei Rasiermesser wird auch Facette genannt und die wollen wir in diesem Schritt ordentlich aufsetzen. Den Rücken des Rasiermessers hast du inzwischen abgeklebt und den Wasserstein haben wir im letzen Schritt ja auch schon ausgesucht. Der 1000er Abziehstein liegt nun mit Wasser benetzt, im 90° Winkel vor uns auf dem Tisch. Bestenfalls auf einer rutschfesten Unterlage, die man oft als Set zusammen mit dem Abziehstein kaufen kann.

Als nächstes empfehle ich dir, längs der Schneide den ersten Millimeter der Facette auf beiden Seiten mit einem wasserfesten Filzschreiber zu markieren. Dadurch siehst du beim Schärfen genau, was abgeht. Eine beleuchtete Lupe mit 20facher Vergrößerung oder ein Taschenmikroskop haben sich ebenfalls als sehr nützlich erwiesen um zwischendurch immer wieder die Schneide beurteilen zu können. Das ist sehr wichtig, denn die Hauptarbeit wird jetzt in diesem Schritt auf dem 1000er Stein geleistet. Stimmt hier das Ergebnis nicht, wird dein Messer später auf dem 3000er oder 6000er Wasserstein nicht richtig scharf, oder ganz schnell wieder stumpf.

 

….. wird fortgesetzt.
Rasiermesser auf dem Wasserstein schärfen

Rasiermesser schleifen Schritt 2

Video zum Thema Rasiermesser abziehen

Sobald das Rasiermesser mit einem feinen Wasserstein korrekt geschärft wurde, kann man es noch auf einem Abziehriemen polieren. Es ist definitiv kein Schärfen mehr, wenn man von “Abziehen” spricht, es ist Polieren. Mit dem Abziehriemen, oder auch Abziehleder genannt, poliert man die Schneide und reduziert dadurch den Grat, der sich beim Schärfen auf Wassersteinen bildet. Unten im Video kann man den Abziehvorgang prima nachvollziehen.

Ganz wichtig: Das Rasiermesser muss beim Abziehvorgang über den Rücken gewendet werden, nicht über die Schneide! Aber darauf wird im Video auch noch mehrfach hingewiesen. Falls du das Rasiermesser über die Schneide wendest, machst du dir das Schleifergebnis, welches du dir auf dem Wasserstein mühsam erarbeitet hast, wieder kaputt.

Bitte mit dieser Technik keine normalen Messer schärfen. Der im Video gezeigte Streichriemen bleibt den Rasiermessern vorbehalten.